WAS WILLST DU?
Einladung zu einer aufrichtigen Suche.
Georg Kühlewind-Tagung 2014, Wien
2. Mai, etwa 19:00 Uhr, bis 4. Mai, etwa
12:30 Uhr, 2014
Haus der
Anthroposophie / Hochparterre, 1040 Wien, Tilgnerstraße
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Mit Annie Kühlewind
(Ungarn), Andreas Neider (Deutschland), Michael Lipson (USA), Helmut Goldmann (Österreich) und Laszlo Böszörmenyi
(Österreich/Ungarn)
Wenn ich mich frage: „Wo stehst Du und wo willst Du hin?“,
dann ist das erste, was klar wird, dass es auf diese Frage keine im Voraus
gegebene und keine endgültige Antwort geben kann. Es fällt aber auf, dass ich
mir diese Frage überhaupt stellen kann und sie mir wichtig erscheint. Ich habe
zunächst nicht viel mehr, als eine Ahnung und eine Sehnsucht, manchmal ein
schmerzhaftes Gefühl von Bedrängnis. Ich möchte aus der Ebene des gegebenen,
geformten Alltagsbewusstseins herausfinden. Ich weiß nicht genau, wie und
wohin. Es wird klar, was ich suche, ist ja gar keine Antwort, vielmehr eine
Erfahrung. Eine Erfahrung eines Bewusstseinsgebiets, woher solche Fragen
stammen, wo solche Fragen noch gar nicht ausformuliert sind, wo sie noch
lebendig sind, wie ein Gefühl. Ein Gebiet das über der Ebene des
Alltagsbewusstseins liegen muss. Es ist auch klar, dass ich dieser Frage selber
nachgehen muss, ich kann sie an keine Respektperson oder Institution abgeben.
Ich muss selber anfangen – wenn ich will. „Die Folgen der Tatsache, daß der Logos von da [von der Fleischwerdung] an auf beiden
Ufern des Abgrundes heimisch ist, sind mannigfaltig. Vor allem ist der Mensch
dadurch in die Lage gekommen anzufangen, er hat die Fähigkeit zum Uranfang – in
dem der Logos anwesend ist (Joh. 1,1) –, ohne das Schwachseelische ablegen oder
zum Stillschweigen bringen zu müssen. Das ist die Fähigkeit des Schaffens aus
dem Nichts.“ (Georg Kühlewind, Die Erneuerung des Heiligen Geistes).
Der Mensch muss seinen eigenen Weg suchen, vielmehr sogar
erschaffen, wenn das ein Weg der Freiheit sein sollte. Die einzige
Voraussetzung ist, dass es keine Voraussetzung geben kann. Der Weg muss rein,
frei von jeder Art Vorurteil, Begierde, Illusion und Wichtigtuerei sein. „Diese
Reinheit kann nur aus der Konzentriertheit kommen, aus der Konzentriertheit des
Lichtes, in dem keine Finsternis ist: aus der Aufrichtigkeit. Wer auch das noch
anstrebt, hat nicht verstanden.“ (Georg Kühlewind, Die Wahrheit tun). Wenn sich
die Aufmerksamkeit auch vor dem Streben selbst befreit, kehrt sie um und es
tritt die monistische (deshalb für das dualistische Bewusstsein paradoxe)
Grundhaltung jeder Meditation ein: „Ich will nichts“.
Einen konzentrierten – meditativen – Weg muss ein jeder
selber gehen. Das heißt aber nicht, dass wir einander nicht helfen könnten.
Nicht so sehr durch weise Ratschläge, viel mehr durch Interesse aneinander. Das
Quellgebiet des Bewusstseins – der Himmel, die geistige Welt – ist ein
gemeinsames. Es gibt keinen privaten Himmel, auch keinen für eine Gruppe von
„Auserwählten“, es gibt nur einen gemeinsamen Himmel. Deshalb kann eine
Zusammenkunft im Zeichen der aufrichtigen Suche allen Beteiligten helfen. Wir
können unsere Aufmerksamkeit einander schenken und die nährende Lebendigkeit
des Quellgebiets gemeinsam erfahren, wie zu Pfingsten. Wir können es zumindest
versuchen.
Laszlo Böszörmenyi